Hans Martins Bastelseiten

Woher bekommt der Bastler Trafos und Spulen ?

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Letzte Änderung: 6.10.2024

Spulen und Induktivitäten

Bei Radios und Röhrenschaltungen, für Hochfrequenz-Experimente und Oszillatoren, Schwingkreise und Filter braucht man ab und zu eine Induktivität. Diese Induktivität soll eine bestimmte Größe haben. Sie muß in dem gewünschten Frequenzbereich verwendbar sein. In der Praxis des Radio- und Röhrenbastens ist das mitunter ein großes praktisches Problem. Natürlich kann man im Versandhandel passende Induktivitäten bestellen. Oder selber versuchen zu wickeln. Aber bloß, um einmal eine Schaltung auf dem Steckbrett auszuprobieren ? Ich möchte hier ein paar praktische Resourcen für Spulen und Induktivitäten aufzeigen, die mir schon oft weitergeholfen haben.

Der demontierte Schaltenkern mit Fassung, zweiteiliger Ferritschale, Spulenkörper und Halteklammer.

Fertig montiert auf einer Lochrasterplatte, mit Anschlussdrähten.

Mit Frequenzgenerator und Oszilloskop werden Induktivität und Frequenzumfang gemessen.

Ferrit-Schalenkern bewickeln

Diesen kleinen Schalen­kern mit 21 mm Kern­durch­messer und 13 mm Höhe habe ich aus den Elektro­schrott ausgebaut. Er eignet sich vorzüglich zur Selbst­herstel­lung von verlust­armen Induk­tivi­täten hoher Qualität für einen weiten Frequenz­bereich. Der Kern hat innen einen kleinen Spulen­körper aus Kunst­stoff für die Wicklung. Die alte Wick­lung habe ich entfernt.

Drehmaschine Neue Wicklung aufbringen: Ich habe den Spulen­körper auf eine 10-mm-Schraube aufgesetzt und dann ins Spann­futter einer Dreh­maschine einge­setzt. Eigent­lich braucht man die Maschine gar nicht, ich habe das Futter von Hand gedreht. Zum sauberen Auf­wickeln des neuen Drahtes und zum Zählen der Win­dungen ist das praktisch. Eine Kammer erhielt 40, die andere 16 Win­dungen aus 0,4 mm Kupfer­lack­draht.

Das Resultat ist hier zu sehen. Ich habe es dann in den Schalen­kern eingebaut und die Spule sowie die Anschluss­drähte auf eine Loch­raster­platte gelötet. Fertig! Wicklung

Bestim­mung der Spulen­para­meter Ich habe der großen Wichlung auf dem Steck­brett einen Konden­sator von 680 nF zu einem Schwing­kreis parallel geschal­tet, um die Resonanz­frequenz und damit die Induk­tivität der Spule zu bestimmen. Diesen Schwing­kreis habe ich über einen Wider­stand von 47 kΩ an einen Frequenz­generator angeschlos­sen, der Sinus­schwingen zwischen 10 Hz und 100 kHz erzeugen kann. Mit dem Oszil­loskop habe ich die Spannung am Schwing­kreis beo­bachtet und die Frequenz langsam von unten nach oben hochge­fahren. Bei 4.29 kHz war es soweit: die Span­nung am Schwing­kreis hatte ein steiles Maximum. Das ist die Resonanz­frequenz

f = (LxC)-1/2 / 2π

Die Kapazität C ist bekannt. Auflösen nach der Induk­tivität ergibt L = 1,8 mH. Ich habe die Messung mit Konden­satoren von 4,7 nF bis 2 µF wieder­holt. Die Resonanz­frequenz lag jeweils zwischen etwa 2,1 und 52 kHz. Das Resultat für L war im gesamten Frequenz­bereich ziemlich genau dasselbe!

Rechenschieber Mein Elek­tronik-Rechen­schieber kam zum Einsatz, um alle Berech­nungen bequem und rasch durch­zuführen. Natür­lich könnte man die Schwing­kreis­formel auch auf dem Taschen­rechner lösen, aber ein Rechen­schieber ist viel cooler! Man braucht nur den Läufer und die Zunge in Posi­tion zu bringen, und schon steht das Ergenis fest. Die Zunge wird so einge­stellt, dass der Wert 4,29 kHz der Frequenz-Skala unter dem Pfeil steht. Dann wird der Läufer an die Posi­tion Kapazität = 680 nF gestellt. Auf der Skala Induk­tivität steht unter dem Läufer­strich dann 1,8 mH. Ganz einfach!

Einfacher Röhren­oszil­lator zur Induk­tivitäts­messung bei HF

Zur Bestim­mung von Induk­tivitäten bei HF ist der Röhren­oszillator links im Bild zusammen mit einem Oszil­loskop nützlich. Den Bereich von wenigen µH bis und einigen mH schaffen Multi­meter mit Induk­tivitäts­mess­bereich wegen der langen Strippen nur schlecht. Die Messung ist einfach: die fragliche Spule Lx wird in den Anoden­kreis eingefügt und der Strom einge­schaltet. Dann wird am Oszi die Frequenz abgelesen. In das Diagramm unter dem Plan habe ich die Frequenz als Funktion verschie­dener Indukti­vitäten Lx zwischen 1,5 µH und 5 mH eingetragen. Wenn die Frequenz 1 MHz beträgt, dann hat die Spule 160 µH.

f = (LxC)-1/2 / 2π

Die Kapazität C besteht aus 3 mal 470 pF in Serie: 157 pF. Je kleiner die Induk­tivität, desto höher ist die Frequenz. Der Zusam­menhang ist rezi­prok-quad­ratisch: Schwingt der Oszil­lator bei 2 MHz, dann sind es bloß 40 µH. Die beson­dere Gitter­basis-Schal­tung der Triode hat den großen Vorteil, dass die Röhre nicht blockieren kann und der Oszil­lator zu "pumpen" anfängt. Er erzeugt stets konti­nuier­liche Schwing­ungen. Wenn ich das Ding brauche, baue ich es mit meinem Bau­kasten zusammen. Statt einer ECC 85 gehen auch andere steile Trioden: ECC 81, EC 92, PC 86, PC 88, PCF 82, PCL 805 usw.

Festinduktivitäten

aus einem geschlachteten Fernsehgerät. Alte analoge TV-Geräte sind immer eine gute Quelle für HF-taugliche Drosseln und Filter aller Art. Im Schwingkreis bisweilen o.k., aber die Güte ist begrenzt. Bauteilbeschaffung durch das Zerlegen von Altgeräten ist eine langfristige Angelegenheit. Manche Teile schlummern bei mir über Jahrzehnte in der Kiste, bevor ich die richtige Verwendung dafür finde.
Oben: Festinduktivitäten mit Punktcodes: orange-orange-braun = 330 µH (v. oben nach unten), schwarz-rot-braun = 120 µH, braun-schwarz-braun = 100 µH, grün-blau-schwarz = 56 µH und braun-grün-schwarz = 15 µH. Der Code ist also ganz analog zu den Widerstands-Farbcodes und gibt die Induktivität in Mikrohenry an. Darunter: eine offen gewickelte 200-µH-Spule auf einem Keramikkern. Da sie aus der ZF eines Farbfernsehers stammen, sind sie mit hoher Wahrscheinlichkeit bis 10 oder 15 MHz zu gebrauchen.
Unten: Eine 1-mH-Festinduktivität vom Gurt. Als Anodendrossel an der Röhre durchaus bis zu einigen MHz verwendbar.

Topfspule für HF

Diese hier sind noch aus einem alten KOSMOS Elektronikbaukasten. Sehr praktisch: der verstellbare Ferritkern. Und man kann sie gut nach eigenen Vorstellungen bewickeln.
Oben: Für Mittel- und Kurzwelle, 90 Windungen (mit einer Anzapfung nach 30 Windungen) ergeben etwa 180 µH. Plus Rückkoppelspule fürs Audion. Oder für den Oszillator.
Unten: Diese hat ebenfalls zwei Wicklungen: 25 + 25 Windungen und 15 Windungen. Für Kurzwelle und zum Beispiel für einen Ratio-Detektor.

Von der Modelleisenbahn

Auch in die Modelleisenbahn ist die Digitalisierung eingezogen. Das hat Folgen für den Röhrenbastler. Ganze Sammlungen von Spielzeuglokomotiven wurde von analog auf digital aufgerüstet. Der alte Motor, der Fahrtrichtungs-Umschalter, allerlei Entstörfilter kommen raus, neue Digitalelektronik kommt hinein. Das sehen wir uns natürlich genauer an.
Oben: Die linke Spule war einst der Elektromagnet aus einem magnetischen Weichantrieb in Spur H0. Meine Versuche, daraus einen Schwingkreis zu machen, endeten leider sehr kläglich. Die Spule ist auf ein Metallröhrchen aufgewickelt. Dadurch ist die Induktivität der Spule schon bei wenigen 100 Hz praktisch nicht mehr zu verwenden.
Rechts: der Fahrtrichtungs-Umschalter aus einem älteren Modell der Firma Märklin ist ein recht starker E-Magnet für ca. 20 Volt. Viele Hundert Windungen dünnsten Kupferdrahts versprechen eine ordentliche Induktivität. Vielleicht für einen Tongenerator ? Die Schaltmechanik kann man natürlich abmontieren. Auch das Eisenjoch verursacht schon bei Tonfrequenz eine erheblich Dämpfung. Eventuell findet sich ein passendes Stück Ferrit. Als Drosselspule durchaus interessant.
Unten: Eine Entstördrossel aus einer Spielzeuglokomotive. Die scheint bei HF sehr brauchbar zu sein.

Mama's Garnrollen und Nudelholz

Selber wickeln geht im HF-Bereich fast immer. Auf einem kleinen Garnröllchen oder auf einer alten Schnurlaufrolle lassen sich recht stabile und gut reproduzierbare Induktivitäten herstellen.
Oben: Den Spulenkörper zu dieser Anodendrossel hier habe ich auf einer Drehbank aus ein Kunststoffzylinder hergestellt. Bei der Wicklungszahl muß man im Verhältnis zu Durchmesser und Länge der Spule genau rechnen. Dabei ist der L-Culator übrigens eine große Hilfe, ebenso wie hier:
Unten: Ein Helmholtz-Spulenpaar aus zwei Fachspulen mit je 100 Windungen aus 0,6 mm Kupferlackdraht: Induktivität: je 0,56 mH. Das Wickeln an sich war einfach. Die Spulenkörper habe ich aus einem alten Nudelholz gemacht. Dies besteht aus sehr dichtem und feinfaserigem Buchenholz, dass sich an einer Drehbank sehr gut bearbeiten läßt. Das Material hat kaum mehr als 1 mm Restdicke. Es ist mechanisch recht stabil, HF-tauglich und verformt sich im Gegensatz zu Kunststoff bei Hitze so gut wie überhaupt nicht. Bei Strömen im Amperebereich sollte man daran denken. Die Wicklungen habe ich zusätzlich mit Klarlack getränkt und die Wicklungsenden mit flexibler Litze kontaktiert. Auch für Schwingkreise bis 60 kHz gut verwendbar.

Die alte Treppenhausbeleuchtung im Nachbarhaus

Oben: Diese Spule war einst Teil eines Quecksilber-Schaltschützes, das die Trepenhausbeleuchtung ein- und ausgeschaltet hat. Sie ist einer Gebäudesanierung zum Opfer gefallen. Quecksilber-Relais im Mietshaus waren früher keine Seltenheit. Als Basler weiß man wohlwollende Freunde und Förderer aus dem Facility Management und der Entsorgungsbranche zu schätzen. Die Spule hat beachtliche 23000 Windungen und ohne Eisenkern eine Induktivität von glatten 7 H. Ideal, um mit Röhren ein Magnetfeld zu schalten. Im Schwingkreis ist sie wegen des hohen Innenwiderstandes nur bedingt geeignet. Die Wicklungskapazität ist erheblich, und jenseits von 6 kHz wirkt sie eher als Kapazität denn als Spule. Neben der Spulen alter Relais und Schaltschütze sind auch die Spulen aus Waschmaschinen-Magnetventilen basteltechnisch nicht zu verachten.
Unten: Das ist eine Spule aus einem alten Röhrenradio, die ich einmal unter einem Schrank aus dem Kehricht gefischt habe. Mit HF-Litze ist sie gewickelt. Sicherlich auch für Bastelversuche mit HF zu gebrauchen, auch wenn sie mitgenommen aussieht.

Computer-Netzteile, Steckernetzteile, Energiesparlampen

sind eine nicht versiegende Quelle von Ferritkernen aller Art. Der PC bootet nicht, die Lampe flackert, das Steckernetzteil ist aus der Dose in die gefüllte Gießkanne gefallen? Grund zum Jubeln für den Röhrenbastler, der Blechschere und Kneifzange griffbereit hat.
Oben: Dieser riesige Ferritring fristete sein Dasein jahrelang in einem 386er-PC, der vermutlich nur Bilanzen und endlose Tabellenkalkulation kannte. Aus einem Schalttransformator läßt sich auch ein Tonfrequenzübertrager wickeln. Der Ferritkern hat (im Gegensatz zum Eisenkern eines gewöhnlichen Netztrafos) auch bei Frequenzen bis zu 100 kHz nur wenig Verluste.
Unten: Der Trafo aus dem Steckernetzteil meines alten ZyXEL-Modems. Mit damals sagenhaften 16800 bps konnte ich damit im BTX-Netz der Bundespost surfen. War damals laut Telekomunikationsgesetz ein wenig illegal, hat aber niemanden abgeschreckt. Diese Zeiten sind um. Der kleine Trafo hat eine neue Aufgabe: er wandelt auf meiner Märklin-Modelleisenbahn die 16 Volt Lichtspannung in 250 Volt um. Das wird dort für Glimmlampen und Röhren gebraucht. Übrigens: echte 50-Hz-Netztrafos aus Eisen und Kupfer sind im Steckernetzteil eine aussterbende Art. Schaltnetzteile sind auch hier auf dem Vormarsch. Also: abräumen, so lange es noch geht!