Hans Martins Bastelseiten

Woher bekommt der Bastler Trafos und Spulen ?

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Letzte Änderung: 2.10.2020

Spulen und Induktivitäten

Bei Radios und Röhrenschaltungen, für Hochfrequenz-Experimente und Oszillatoren, Schwingkreise und Filter braucht man ab und zu eine Induktivität. Diese Induktivität soll eine bestimmte Größe haben. Sie muß in dem gewünschten Frequenzbereich verwendbar sein. In der Praxis des Radio- und Röhrenbastens ist das mitunter ein großes praktisches Problem. Natürlich kann man im Versandhandel passende Induktivitäten bestellen. Oder selber versuchen zu wickeln. Aber bloß, um einmal eine Schaltung auf dem Steckbrett auszuprobieren ? Ich möchte hier ein paar praktische Resourcen für Spulen und Induktivitäten aufzeigen, die mir schon oft weitergeholfen haben.

Zur Bestimmung von Induktivitäten bei HF ist der Röhrenoszillator links im Bild zusammen mit einem Oszilloskop nützlich. Den Bereich von wenigen µH bis und einigen mH schaffen Multimeter mit Induktivitätsmessbereich wegen der langen Strippen nur schlecht. Die Messung ist einfach: die fragliche Spule Lx wird in den Anodenkreis eingefügt und der Strom eingeschaltet. Dann wird am Oszi die Frequenz abgelesen. In das Diagramm unter dem Plan habe ich die Frequenz als Funktion verschiedener Induktivitäten Lx zwischen 1,5 µH und 5 mH eingetragen. Wenn die Frequenz 1 MHz beträgt, dann hat die Spule 160 µH.

f = (LxC)-1/2 / 2π

Die Kapazität C besteht aus 3 mal 470 pF in Serie: 157 pF. Je kleiner die Induktivität, desto höher ist die Frequenz. Der Zusammenhang ist reziprok-quadratisch: Schwingt der Oszillator bei 2 MHz, dann sind es bloß 40 µH. Die besondere Gitterbasis-Schaltung der Triode hat den großen Vorteil, dass die Röhre nicht blockieren kann und der Oszillator zu "pumpen" anfängt. Er erzeugt stets kontinuierliche Schwingungen. Wenn ich das Ding brauche, baue ich es mit meinem Baukasten zusammen. Statt einer ECC 85 gehen auch andere steile Trioden: ECC 81, EC 92, PC 86, PC 88, PCF 82, PCL 805 usw.

Festinduktivitäten aus einem geschlachteten Fernsehgerät. Alte analoge TV-Geräte sind immer eine gute Quelle für HF-taugliche Drosseln und Filter aller Art. Im Schwingkreis bisweilen o.k., aber die Güte ist begrenzt. Bauteilbeschaffung durch das Zerlegen von Altgeräten ist eine langfristige Angelegenheit. Manche Teile schlummern bei mir über Jahrzehnte in der Kiste, bevor ich die richtige Verwendung dafür finde.
Oben: Festinduktivitäten mit Punktcodes: orange-orange-braun = 330 µH (v. oben nach unten), schwarz-rot-braun = 120 µH, braun-schwarz-braun = 100 µH, grün-blau-schwarz = 56 µH und braun-grün-schwarz = 15 µH. Der Code ist also ganz analog zu den Widerstands-Farbcodes und gibt die Induktivität in Mikrohenry an. Darunter: eine offen gewickelte 200-µH-Spule auf einem Keramikkern. Da sie aus der ZF eines Farbfernsehers stammen, sind sie mit hoher Wahrscheinlichkeit bis 10 oder 15 MHz zu gebrauchen.
Unten: Eine 1-mH-Festinduktivität vom Gurt. Als Anodendrossel an der Röhre durchaus bis zu einigen MHz verwendbar.

Diese hier sind noch aus einem alten KOSMOS Elektronikbaukasten. Sehr praktisch: der verstellbare Ferritkern. Und man kann sie gut nach eigenen Vorstellungen bewickeln.
Oben: Für Mittel- und Kurzwelle, 90 Windungen (mit einer Anzapfung nach 30 Windungen) ergeben etwa 180 µH. Plus Rückkoppelspule fürs Audion. Oder für den Oszillator.
Unten: Diese hat ebenfalls zwei Wicklungen: 25 + 25 Windungen und 15 Windungen. Für Kurzwelle und zum Beispiel für einen Ratio-Detektor.

Auch in die Modelleisenbahn ist die Digitalisierung eingezogen. Das hat Folgen für den Röhrenbastler. Ganze Sammlungen von Spielzeuglokomotiven wurde von analog auf digital aufgerüstet. Der alte Motor, der Fahrtrichtungs-Umschalter, allerlei Entstörfilter kommen raus, neue Digitalelektronik kommt hinein. Das sehen wir uns natürlich genauer an.
Oben: Die linke Spule war einst der Elektromagnet aus einem magnetischen Weichantrieb in Spur H0. Meine Versuche, daraus einen Schwingkreis zu machen, endeten leider sehr kläglich. Die Spule ist auf ein Metallröhrchen aufgewickelt. Dadurch ist die Induktivität der Spule schon bei wenigen 100 Hz praktisch nicht mehr zu verwenden.
Rechts: der Fahrtrichtungs-Umschalter aus einem älteren Modell der Firma Märklin ist ein recht starker E-Magnet für ca. 20 Volt. Viele Hundert Windungen dünnsten Kupferdrahts versprechen eine ordentliche Induktivität. Vielleicht für einen Tongenerator ? Die Schaltmechanik kann man natürlich abmontieren. Auch das Eisenjoch verursacht schon bei Tonfrequenz eine erheblich Dämpfung. Eventuell findet sich ein passendes Stück Ferrit. Als Drosselspule durchaus interessant.
Unten: Eine Entstördrossel aus einer Spielzeuglokomotive. Die scheint bei HF sehr brauchbar zu sein.

Selber wickeln geht im HF-Bereich fast immer. Auf einem kleinen Garnröllchen oder auf einer alten Schnurlaufrolle lassen sich recht stabile und gut reproduzierbare Induktivitäten herstellen.
Oben: Den Spulenkörper zu dieser Anodendrossel hier habe ich auf einer Drehbank aus ein Kunststoffzylinder hergestellt. Bei der Wicklungszahl muß man im Verhältnis zu Durchmesser und Länge der Spule genau rechnen. Dabei ist der L-Culator übrigens eine große Hilfe, ebenso wie hier:
Unten: Ein Helmholtz-Spulenpaar aus zwei Fachspulen mit je 100 Windungen aus 0,6 mm Kupferlackdraht: Induktivität: je 0,56 mH. Das Wickeln an sich war einfach. Die Spulenkörper habe ich aus einem alten Nudelholz gemacht. Dies besteht aus sehr dichtem und feinfaserigem Buchenholz, dass sich an einer Drehbank sehr gut bearbeiten läßt. Das Material hat kaum mehr als 1 mm Restdicke. Es ist mechanisch recht stabil, HF-tauglich und verformt sich im Gegensatz zu Kunststoff bei Hitze so gut wie überhaupt nicht. Bei Strömen im Amperebereich sollte man daran denken. Die Wicklungen habe ich zusätzlich mit Klarlack getränkt und die Wicklungsenden mit flexibler Litze kontaktiert. Auch für Schwingkreise bis 60 kHz gut verwendbar.

Oben: Diese Spule war einst Teil eines Quecksilber-Schaltschützes, das einer Gebäudesanierung zum Opfer gefallen ist. Als Bastler weiß man wohlwollende Freunde und Förderer aus dem Facility Management und der Entsorgungsbranche zu schätzen. Die Spule hat beachtliche 23000 Windungen und ohne Eisenkern eine Induktivität von glatten 7 H. Ideal, um mit Röhren ein Magnetfeld zu schalten. Im Schwingkreis ist sie wegen des hohen Innenwiderstandes nur bedingt geeignet. Die Wicklungskapazität ist erheblich, und jenseits von 6 kHz wirkt sie eher als Kapazität denn als Spule. Neben der Spulen alter Relais und Schaltschütze sind auch die Spulen aus Waschmaschinen-Magnetventilen basteltechnisch nicht zu verachten.
Unten: Das ist eine Spule aus einem alten Röhrenradio, die ich einmal unter einem Schrank aus dem Kehricht gefischt habe. Mit HF-Litze ist sie gewickelt. Sicherlich auch für Bastelversuche mit HF zu gebrauchen, auch wenn sie mitgenommen aussieht.

Computer-Netzteile, Steckernetzteile, Energiesparlampen sind eine nicht versiegende Quelle von Ferritkernen aller Art. Der PC bootet nicht, die Lampe flackert, das Steckernetzteil ist aus der Dose in die gefüllte Gießkanne gefallen? Grund zum Jubeln für den Röhrenbastler, der Blechschere und Kneifzange griffbereit hat.
Oben: Dieser riesige Ferritring fristete sein Dasein jahrelang in einem 386er-PC, der vermutlich nur Bilanzen und endlose Tabellenkalkulation kannte. Aus einem Schalttransformator läßt sich auch ein Tonfrequenzübertrager wickeln. Der Ferritkern hat (im Gegensatz zum Eisenkern eines gewöhnlichen Netztrafos) auch bei Frequenzen bis zu 100 kHz nur wenig Verluste.
Unten: Der Trafo aus dem Steckernetzteil meines alten ZyXEL-Modems. Mit damals sagenhaften 16800 bps konnte ich damit im BTX-Netz der Bundespost surfen. War damals laut Telekomunikationsgesetz ein wenig illegal, hat aber niemanden abgeschreckt. Diese Zeiten sind um. Der kleine Trafo hat eine neue Aufgabe: er wandelt auf meiner Märklin-Modelleisenbahn die 16 Volt Lichtspannung in 250 Volt um. Das wird dort für Glimmlampen und Röhren gebraucht. Übrigens: echte 50-Hz-Netztrafos aus Eisen und Kupfer sind im Steckernetzteil eine aussterbende Art. Schaltnetzteile sind auch hier auf dem Vormarsch. Also: abräumen, so lange es noch geht!