Hans Martins Bastelseiten

Gehäuse und Aufbau

Letzte Änderung dieser Seite: 2.10.2020

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"Eine Maschine muß schön sein, sonst funktioniert sie nicht"

Das ist der zweitwichtigste Grundsatz jedes Konstrukteurs (nur, aber immerhin der zweit-wichtigste hinter jenem, den wir schon als den Allerwichtigsten erwähnten). Er besagt, dass es nicht die Maschine ist, die funktioniert. Das könnte sie alleine gar nicht. Sondern, viel schwieriger: der Mensch muss es, der sie benutzt. Natürlich läßt der Begriff der Schönheit viel Spielraum. Ich definiere ihn als den Grad der Identität von Form und Funktion. Das ist am Lokomobilisator leicht zu demonstrieren, denn das Gehäuse, die Form, hat zahlreiche weitere Funktionen zu gewährleisten:

  • Mensch-Maschine-Schnittstelle: Verwendung, Anschluss und Bedienung des Lokomobilisators sollen unmittelbar und intuitiv ersichtlich sein. Kein Handbuch, keine Service-Hotline.
  • Motivation: Der Lokomobilisator soll zum Eisenbahnspielen motivieren, indem er Assoziationen fördert: an den Lokomotivführer oder Kapitän, der wir im Kindesalter sein wollten. An Pioniere von Eisenbahn, Elektrizität, Rundfunk und ihre kreativen Ideen. Nicht zuletzt: wer wollte nicht mal an die Höllenmaschinen aus den Romanen und Filmen von Jules Verne, Edgar Allen Poe, Fritz Lang...
  • Transparenz: Der Lokomobilisator will ein Spielkamerad sein. Die Einfachheit des Aufbaus und die Funktion der Elemente sollen (soweit möglich) visuell erkennbar sein.
  • Schutz: Der Bediener soll durch das Gehäuse vor den hohen elektrischen Spannungen und den hochfrequenten elektromagnetischen Feldern, die der Oszillator erzeugt, geschützt werden. Ebenso die Innereinen des Geräts vor äußeren Störungen. Und die Wärme muss trotzdem irgendwie aus dem Gehäuse heraus.

Beispiele für schöne Maschinen gibt es viele, und Gegenbeispiele. Ich habe versucht, daraus Gestaltungskriterien für den Lokomobilisator, aber auch für den Universator abzuleiten.

  • Flugzeuge, ihre aerodynamische Gestalt ist sanft gerundet und wohlproportioniert
  • Musikinstrumente. Niemand konnte mir bisher schlüssig erklären, weshalb eine Geige diese und keine andere Form habe muss. Über Generationen von Musikern und Instrumentenbauern ist das so gewachsen. Die Evolution bringt stets schöne Formen hervor.
  • Lokomotiven, vor allem alte Dampfloks: viele Menschen sind vom Anblick einer solchen Maschine begeistert. Kein Wunder, die perfekte Synthese von Form und Funktion im beeindruckenden Großformat.
  • Röhren. Selbstverständlich. Ein glänzender Glaszylinder mit spiegelnder Mütze, aus dessen Innerem warmes Licht dringt. Harmonische Spielarten der Idealform eines Zylinders mit seinen strengen Proportionen. Der Röhrenbastler stellt sie gut sichtbar auf seinen Wohnzimmerschrank, nachdem er daraus einen Audioverstärker zusammengestöpselt hat, der Funktion wegen. Das ist technisch nicht allzu kompliziert, es gibt bewährte Schaltungen.
    Eine Sache off-topic: Um es gleich zu sagen: keinesfalls "klingt" so eine schwere, teure, heiße Röhrenkiste "besser" als ein gewöhnlicher Verstärker mit Halbleitern. Natürlich wird das in der audiophilen Presse behauptet. Der Trick ist, dass ein Verstärker mit Röhren einfach besser zum Musik hören motiviert als einer aus Silizium. Darauf kommt es ihm an, dem Ingenieur. Womit wir beim drittwichtigsten Grundsatz des Konstrukteurs wären.
  • Dagegen sind Halbleiterschips klein, schwarz und häßlich. In sich gekehrte, ununterscheidbare, genormte Formen, die die Kontaktfläche mit Außenwelt und Mensch minimieren, kryptisch bedruckt, fremd und abweisend. Mikrosärge, die man am besten unter der verchromten Plastikschale eines Laptops oder Handys begräbt.

Das Gehäuse des Lokomobilisators habe ich nicht am Zeichentisch geplant, sondern nach dem Prinzip des experimentellen Designs. Es ist nach dem Vorbild eines Metallbaukastens aus einem Gerüst von gelochten Blechstreifen- und Platten zusammengeschraubt und hat im Verlauf des Designprozesses mehrere Entwicklungsstufen, Umbauten und Abänderungen erfahren. Das Ziel war es, das Gehäuse so gut wie möglich an die oben aufgezählten Funktionen anzupassen. Mechanische Stabilität, Handlichkeit, die elektromagnetische Abschirmung des Metallkäfigs, die Montagefreundlichkeit für Anschlüsse und Bedienelemente, die Zugänglichkeit der einzelnen Schraubverbindungen standen hierbei im Mittelpunkt. Spezifische technische Formen aus der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts habe ich versucht aufzunehmen: Stahlgewölbe, Volksempfänger, Maschinentelegraf.

Der Drahtkäfig ist als Faradayscher Käfig konzipiert, um die hochfrequenten elektrischen und magnetischen Felder darin zurückzuhalten. Der Drahtkäfig ist über das Netzkabel mit dem Schutzleiter des Stromnetzes verbunden. Das ist wichtig, damit bei einem elektrischen Fehler am Lokomobilisator keine Gefahr eines Stromschlags besteht und weil sonst die HF-Abschirmung nicht wirksam ist.

In einer zweiten Phase wurden die offenen Seitenflächen dann mit transparenten 2-mm-Polystyrolplatten verschlossen, die innen in den Metallkäfig eingehängt werden. Dieses Material ist unter dem Namen "Bastlerglas" als Platten im Handel erhältlich. Nach Abziehen der Schutzfolie ist es glasklar. Auch hier habe ich mehrere Versuche machen müssen, zumal das Material beim schneiden und bohren leicht anschmilzt oder bricht.

Die Beschriftung habe ich mit dem Laserdrucker auf PET-Overheadfolie gedruckt. Mit den Folien habe ich die Polystyrolplatten hinterklebt.

Hans Martin Sauer 2016