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Wellenphänomene und Wellenmaschine

Mikrofon und Wellenmaschine in Einem:
Wir untersuchen Kapillarwellen auf einer Wasserfläche

19. 6. 2022

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Mit dem Drahttelefon fing es an...

Als ich eben gerade zur Schule ging, hat mein Vater mir aus zwei leeren Konservendosen und einem langen dünnen Stahldraht ein einfaches Telefon gebaut, ein Drahttelefon. In die Böden der Dosen wurden kleine Löcher gestochen, und die Drahtenden darin festgebunden. Dann ist jeder von uns mit einer Dose losgegangen und wir haben den Draht dazwischen gespannt. Tatsächlich, das Telefon funktionierte. Ich konnte meinen Vater sprechen hören, der am anderen Ende der Leitung "Hallo, hallo" rief. Es klag wie aus dem Fernsprecher. "Hier ist Honolulu", rief ich begeistert hinein.
Das Spannen des Drahtes mit der Hand ist auf die Dauer allerdings ziemlich anstrengend. Das Prinzip hat mich dennoch überzeugt. Wir befassen uns hier daher mit der elektrischen Variante.

Der Aufbau des Dosenmikrofons

Das Dosenmikrofon besteht aus einer alten Leber­pastete-Konserven­dose. Unter ihrem Boden klebt ein kleiner zylind­rischer Super­magneten mit 10 mm Durch­messer und 5 mm Höhe. Er taucht in die Öffnung einer Zylinder­spule. Diese ist möglichst dicht am Boden der Dose befestigt. Der Magnet muss ins Loch passen. Zur stabilen Montage der Blech­dose verwende ich stählernes Lochb­and aus dem Baumarkt, das sich gut scheiden und biegen läßt. Das Ende des Loch­bands habe ich mit einer starken Kombi­zange um den Dosen­rand gebogen und dort festge­drückt.

Die Ansicht von hinten zeigt die Spule mit den Anschlüs­sen. Die Spule ist mit einem Gummi­band an der Holz­leiste befestigt, auf der auch die Lochband-Stützen für die Blech­dose ange­schraubt sind. Die quer­liegende Holz­leiste ist gerade so dick, dass die Spule nur noch unge­fähr ein oder zwei Milli­meter Abstand vom Dosen­boden hat.

Als Spule habe ich einen Elektro­magneten aus einem Schalt­schütz verwendet. Den Eisen­kern habe ich ausgebaut. Die Spule hat 23000 Windungen und auch ohne Kern eine hohe Induk­tivität. Der Super­magnet, der außen am Dosen­boden klebt und mit den einfal­lenden Schall­wellen in der Spule hin- und herbewegt wird, induziert in der Spule schon bei normaler Laut­stärke leicht einige 10 mV Spannung.
Das Mikrofon ist recht empfindlich. Ich habe es ohne weiteren Vorver­stärker an den Eingang meines Oszil­loskops ange­klemmt. Bei 2 oder 5 mV/Teilung auf der y-Achse sieht man die Schall­schwing­ungen gut auf dem Schirm. Auch ein kleines Video hat meine Frau gedreht, als sie mich mit einer alten Trompete aus dem Keller kommen sah.

Video zum Trompetenkonzert

Zum Video

Hier zeigt das Mikro, was es kann. Mein erster Soloauftrit als Trompetenspieler im Internet! Das Video ist nur ganz kurz, wegen der Nachbarn!

Eine Maschine zur Erzeugung von Kapillarwellen auf dem Wasser

Das Dosenmikrofon kann aber noch mehr, denn es funktioniert umgekehrt auch als Lautsprecher. Oder als Wellenmaschine für Wasserwellen. Die Dose muss dazu waagerecht montiert werden. Man kann dann eine Schicht Wasser einfüllen, die die Wellenmaschine in Vibration versetzt. Auf der Wasseroberfläche sind interessante Wellenmuster zu beobachten, die sich je nach Frequenz und Amplitude unterscheiden. Sogar Wasser läßt sich so versprühen. Man muss nur Wechselspannung einer bestimmten Frequenz und ausreichend hoher Amplitude einspeisen.

Die Wellenmaschine

Ich habe die Dose nun waagerecht montiert und die Spule aus dem Magnetventil einer alten Waschmaschine eingebaut. Diese kann mehr Kraft erzeugen als die Spule aus dem Schaltschütz und hat weniger Induktivität. Dafür aber kann mehr Strom hindurch­fließen. Eben dazu braucht es hier eine Leistungs­pentode. Und die PCL 86 dürfte hier genau das Richtige sein. Auf den Magneten am Boden der Blech­dose läßt sich jedenfall eine bedeu­tende mecha­nische Energie in Form von Schwing­ungen übertragen. Die Auf-und-Ab-Schwing­ungen des Dosen­bodens übertragen sich auf die Wasser­ober­fläche, die ja leicht beweglich ist.

Das Experiment

Die Dose ist hier mit ungefähr 3 mm Wasser gefüllt und an einen Röhren-Oszil­lator ange­schlossen, der Schwing­ungen zwischen 300 und 600 Hz erzeugt. Der Oszil­lator arbeitet mit einer PCL 86 und erzeugt maximal 150 V Sinus­spannung. Die Amplitude wird mit der Betriebs­spannung aus einem stabili­sierten Netz­gerät geregelt. Span­nungen zwischen 100 und 200 V werden gebraucht, bei maximal 20 mA Strom. Geheizt habe ich die Röhre mit 12 V. Hält man den Finger in die Kräusel­wellen, dann kribbelt es angenehm. Ein Miniatur-Whirlpool!

Der Schaltplan des Oszillators

Dieser Oszillator bringt die Wellen­maschine in Schwung. Er arbei­tet mit einer PCL 86, einer Verbund­röhre, die früher in TV-Geräten oft im Tonver­stärker eingesetzt wurde.
Die Triode arbeitet dabei als Meissner-Oszil­lator. Die Frequenz des Oszil­lators wird mit Konden­satoren einge­stellt, die im Gitter­strom­kreis parallel zur Trafo­wicklung br-bl geschaltet werden. In der Kathoden­leitung ist ein Wider­stand in Serie mit einem Poten­tiometer geschaltet. Hiermit kan man den Arbeits­punkt der Triode so einstel­len, dass eine saubere Sinuss­chwingungen entsteht. Auch die Fre­quenz läßt sich in geringem Rahmen verändern.
Sollte der Oszillator nicht auf Anhieb anschwin­gen, dann liegt es vermut­lich daran, dass eine der Wick­lungen falsch herum gepolt ist.
Die Endstufenpentode erhält über die Wick­lung gn-ge ihre Gitter­wechsel­spannung. Im Anoden­kreis der Pentode entsteht die herauf­gesetzte Spannung zur Ansteue­reung der Antriebs­spule der Wellen­maschine. Hier liegt eine Wechsel­spannung von maximal 300 Vss.
Der Trafo ist ein Überbleibsel aus einem alten KOSMOS XG Elektronik­baukasten. Die Farb­kodes im Schalt­plan beziehen sich auf die Anschluss­klemmen dieses viel­seitigen Experi­mentier­trafos.

Man kann aber auch einen anderen Tonfrequenz­übertrager verwenden, der ähnliche Wick­lungen hat. Die Windungs­zahlen der Anoden­wicklung sw-gr zu den beiden anderen Wick­lungen beträgt etwa 2,5 zu 1. Es macht übrigens nichts, wenn der verwendete Trafo nur zwei statt drei Wick­lungen hat. Den Gitter­anschluss der Pentode kann man über den 47 Kiloohm-Vorwider­stand auch direkt and die Gitter­wicklung der Triode anklemmen.

Video: die Wellenmaschine in Betrieb

Zum Video

Ein Blick in die Blechdose, wenn der Oszillator mit wachsen­der Ampli­tude in Betrieb ist. Das Dröh­nen kommt von den 350 Hz, die hier erzeugt werde.

Bei geringer Amplitude sind in der Mitte ein paar Kräusel­wellen zusehen. Die Wellen­länge beträgt ungefähr 1 bis 2 mm. Beson­ders gut sind diese Kapillar­wellen zu erkennen, wenn man die Spiege­lung einer Licht­quelle in der Wasser­oberfläche anschaut oder foto­grafiert.

Stellt man die Amplitude höher, dann formen sich aus den radia­len Wellen solche mit regel­mäßigem Muster, die wie ein Schach­brett oder Honig­waben geformt sind.

Wenn man die Amplitude noch weiter erhöht, dann spritzt schließ­lich das Wasser aus der Dose. Von einzel­nen Wellen­bergen schießen Wasser­fäden in die Höhe, die sich ablösen und als Tröpfen ziemlich weit über den Dosen­rand hinaus fliegen können.